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Zu Besuch bei Opa

Teil 2

22. Januar 2023Patrick N.

Als ich letztens wieder im Altenheim war fiel mir auf:

Opa kann man nicht trauen. Beim letzten Mal hatte er von großartigen Volleyball-Duellen gegen die heutigen SSC Bundesliga-Stars erzählt, die er angeblich in deren jungen Jahren gewonnen hätte. Das kam mir damals gleich komisch vor.

Opas geistige Verfassung und sein Erinnerungsvermögen ist wahrscheinlich wie seine Volleyball-Leistung früher: gestern Hui und heute Pfui. Denn diesmal soll alles wieder ganz anders gewesen sein. Der Part mit den vom Boden gekratzten Bällen und dem Technik-Feuerwerk beim SSC hat sich noch genauso angehört. Glaube ich zumindest, ich war nämlich ehrlich gesagt in Gedanken woanders, weil ich dachte er erzählt wieder das Gleiche. Ich hab fast einen Schreck bekommen als Opa mit irrem Blick aus dem Sessel fuhr und mich an den Schultern packte:

Verloren hätten sie damals, er und die VTH Invaliden!
Gegen blutjunge Sportasse, die sie mit jeder Sprungangabe, jedem halbhoch gestellten Ball und jedem wuchtigen Angriff in den Boden gestampft hätten! Opa ließ sich kaum beruhigen. „Woran hat’s gelegen?“ fragte ich ihn zur Ablenkung, ohne dabei mit einer vernünftigen Antwort zu rechnen. Die Spieler des SSC seien in wenigen Monaten um mind. 60 Zentimeter gewachsen, weil sie ja noch so jung gewesen wären. Und statt den Gegner zu studieren hätte die ganze Mannschaft nur gelangweilt auf ihre Handys gestarrt. Selbst so einfache Dinge wie eine Anzeigetafel hochzuhalten sei lustlos und ohne jeden Elan passiert. Da ist Opa wieder ganz der Alte und nie um eine hanebüchene Ausrede verlegen. Genau das Gleiche wenn die Pfleger ihn immer von der Bundesstraße zurückholen müssen. „Und was war mit dem jungen MarCo in eurem Team?“ fragte ich, ganz zufrieden mit mir, dass ich mich noch an dieses Detail aus seinen Berichten erinnerte. „Der MarCo… ja, der war dabei…. sein erster Einsatz…“ Opa grübelt ganz unschlüssig vor sich hin. So langsam war da auch meine Geduld zu Ende: „Also seid ihr jetzt besser gewesen oder nicht?“ Das könne man so einfach nicht sagen, es sei auch nie so eindeutig gewesen, aber auf irgendeiner Seite hätte die Annahme auch gar nicht geklappt, murmelte Opa unter angestrengtem Nachdenken.

Was hatte ich auch von einem alten Mann erwartet, ich hätte selber dabei sein sollen. So ist die Wahrheit wohl mit der Zeit verloren gegangen und das mit der Landesliga-Tabellenspitze aus Opas Geschichten sollte ich wohl besser auch in Frage stellen. Aber das muss Opa ja nicht wissen, dachte ich mir als ich mit artigem Lächeln die Tür hinter mir schloss.