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Über Riesen und Ritter

eine Novelle von Patrick

13. Februar 2022Patrick N.

Tief in den badischen Walden liegt ein beschauliches Dörflein, gemeinhin als die Felde des Hagen bekannt. Dort hausen wackere Riesen, die ihre Heimat gegen jede Bedrohung aus dem Ligabund der Länder verteidigen. Dies ist ihre Geschichte.

Es begab sich eines warmen Sunnuntages ganz in der Früh, dass neun der größten und stärksten Riesen sich auf den langen und beschwerlichen Weg in das Land Ettelingen am Fuße der großen Schwarzen Berge machten. Dort gedachten sie ihre Klingen mit den ansässigen Rittern zu kreuzen, um eine lange währende Fehde ein für alle Mal beizulegen. Dies heroische Unterfangen sollte in einer Schlacht über mehrere Runden erfolgen, Auge in Auge, Schmetterschlag gegen Schildblock. In der üblichen geschlossenen Sechser-Formation preschten die Riesen trotz der frühen Stunde mit besonderem Elan gegen die Gewalt der Ettelinger Rittergarde an. Staub wirbelte vom Boden als die Schläge der Riesen die Luft durchschnitten und ein ums andere Mal auf die Ritter herniederprasselten. Doch so leicht war diesen nicht beizukommen, nicht in ihren eigenen Landen umgeben von vielen holden Maiden. Gezielt hieben die Ritter auf die ungeschützten Stellen der Riesen ein und brachten beinahe deren Formation ins Wanken. Wären nicht die beiden fliegen Riesen Nick der Große und Janek von der Gasse auf den Außenseiten zu Hilfe gekommen, es wäre wahrlich um den Vorstoß der Riesen geschehen gewesen. Nun aber konnten sich die Riesen in der ersten Runde der Schlacht behaupten und einen knappen Sieg davontragen, der die erlittenen Blessuren vergessen ließ.

Die Ettelinger Ritter hatten deutlich mehr Mühe sich für die zweite Runde aufzuraffen und wurden erneut von den Riesen in die Bredouille genommen. Mit großer Beharrlichkeit hielten die Vertreter vom Felde des Hagen ihren Ansturm aufrecht und wichen nicht zurück. Ganz besondere Gewieftheit zeigte der kleinste unter den Riesen, der Panische Filip, mit einer Angriffsfolge von der hintersten Linie, dass es eine wahre Freude anzusehen wart. Ob die Schläge nur die wunden Körper oder nicht doch auch den Geist der Ritter trafen, kann keiner der wenigen Zeugen dieser legendären zweiten Runde mit Bestimmtheit sagen, doch unbestritten barst der Widerstand der Ettelinger früh und eindeutig.

Vielleicht war es gerade dieser Vorgeschmack des aufkommenden Sieges, der die Herzen der Riesen und ihre Arme weich werden ließ. Denn obgleich sie sich zum dritten Male siegessicher in die Schlacht warfen, schien diesmal gegen die Ritter kein Durchkommen zu sein. Selbst der Größte der Riesen vermochte trotz seiner monströsen Blockabwehr und einem aus großer Höhe geworfenen Feuerball das Blatt nicht zu ihren Gunsten zu wenden, verfing er sich doch im entscheidenden Moment mit seinem Angriffsaufschlag im umliegenden Gehölz. Es schien, als hätten die Ettelinger ihren Kampfgeist wiedergefunden und ihre Formationen weigerten sich mit aller Entschlossenheit zu brechen. So kam es nun im Verlauf der Schlacht zu einer Niederlage für die Felde des Hagen, die dem Bild der heldenhaften Riesen gefährliche Risse zuzusetzen vermochte.

Gott sei Dank hatten die Riesen in weiser Voraussicht ihre Reise nicht alleine angetreten. Zwei Zwerge sollten ihnen in Stunden größter Not mit mutmachenden Zauberworten zur Seite stehen. Und so ward es den kleinsten and diesem schicksalhaften Tage vergönnt, das Blatt für die Riesen vom Felde des Hagen zu wenden. Ihre Herzen fassten Mut und sie ließen die Hoffnung nicht fahren, als sie in die vierte Schlachtrunde stürmten, welche die letzte sein sollte. Alles wilde um sich Schlagen der Ettlinger Ritter konnte die Riesen, die nun wie eine Wand aus Felsgestein über ihre Widersacher hereinbrachen, nicht mehr aufhalten. Im Ligabunde der Länder ist es üblich, den unterworfenen Feind nach dem Ende einer Schlacht lebend ziehen zu lassen, so dass man ihm an kommenden Tagen erneut in der Schlacht gegenübertreten kann.

Nichts desto weniger waren die Feinde der Felde des Hagen nach diesem glorreichen Sieg fürs Erste in die Schranken gewiesen und die Felde durften ihren Platz im umkämpften Ligabund der Länder behaupten. Doch noch war nicht aller Tage Abend und nach einem ausgiebigen Besuch in der örtlichen Taverne machten sich viele Riesen auf die beschwerliche Reise, um bei einer fernen Schlacht ganz im Westen dabei zu sein. Andere dagegen pflegten ihre Wunden im stillen Kämmerlein und schärften die Klingen für die nächsten Herausforderungen der Felde von Hagen.